Hochzeitsrede 1 mit Reiseschrank und Truhe

Liebe Hochzeiter,

hochzuverehrende Hochzeitsgäste!

Ich begrüße Sie ganz herzlich und heiße Sie alle willkommen zu dem aufregenden Ereignis, welches wir gleich erleben werden.

XX und XY werden sich - gleich hier vor Ihnen als Zeugen - gegenseitig die Ehe versprechen. Das tun sie nicht symbolisch und als Schauspieler in einer Rolle, sondern ganz konkret und soll für ganz viele Jahre gelten.

Das werden sie nicht für das Finanzamt tun und auch nicht für die Ehestandsgesetze unseres Staates, sondern für sich selbst und für Sie als Familien und Freunde der Hochzeiter. Sie alle sind gemeint!

Sie haben sich seit Monaten auf diese Stunde gemeinsam vorbereitet, sie haben mit Ihren Familien und Freunden darüber nachgedacht und sich beraten und haben mich gebeten, ihnen bei diesem Beginn ihres gemeinsamen Lebensweges behilflich zu sein.

Ich habe zwar alle religiösen Weihen (Ordination) hinter mir und dabei festgestellt, dass weder meine Weihen noch die Anrufung Gottes in solchen Situationen irgendeine Hilfe oder einen Vorteil bringen. Ehen mit oder ohne Gott haben die gleichen Stand– oder Verfallszeiten.

Das Geheimnis einer erfolgreichen Ehe liegt ausschließlich bei den Ehepartnern und ihren Entscheidungen selbst. Nur sie alleine sind für das Gelingen ihrer Ehe verantwortlich. Jede Berufung auf übergeordnete Verhältnisse oder Instanzen schaffen immer nur größere Unwägbarkeiten, wie ich tragischerweise selbst erlebt habe, aber niemals Hilfe und Rettung.

Hier auf dem schönen Platz in Z soll nun auch der neue offizielle Abschnitt des gemeinsamen Lebens im Kreis der Familien und Freunde der Hochzeiter beginnen.

Freuen wir uns alle darauf!

Da ich in Ihrem Kreis der Fremde bin, ist es für uns alle sehr wichtig, dass dieses Event zu Ihrem Ereignis wird. Sie werden die Eheleute weiterhin begleiten, nicht ich.

Deshalb werden wir zunächst aus Ihrem Kreis entsprechende Kommentare und Glückwünsche hören:

2 – 4 Familienmitglieder und/oder Freunde sprechen ihre Glückwünsche aus.

Musik:

Hochzeitsrede: Redner Uwe Peters

Aus den vielen Themen, die bei einer Trauung zu beachten sind, haben wir das Thema einer gemeinsamen Lebensreise herausgesucht, zumal das Reisen durchaus eine starke Wunschperspektive der beiden für die Zukunft beinhaltet.

Die früher so praktische Erfindung eines „Reiseschranks“, oder auch „Kofferschranks“ ist aus der Mode gekommen. Er wurde in der heimatlichen Wohnung sorgfältig gepackt und hinten auf der Kutsche mitgenommen, so dass am Zielort alles sauber und gebügelt angezogen werden konnte.

Wir haben uns so ein Teil besorgt und halten diese Erfindung immer noch für ganz wichtig und nützlich und überlegen, was unbedingt auf die Reise ins Eheglück mit muss. Dazu schauen wir jetzt in die Schubladen und in den Kofferschrank hinein.

Conny:

1) Beginnen wir jeden wunderschönen Reise- und gemeinsamen Lebenstag immer mit dem Kulturbeutel. Deshalb liegt er auch in der obersten Schublade.

Uwe:

An jedem neuen Tag begegnest du zunächst dir selbst. Wenn du die Augen öffnest und deine Sinne sich scharf stellen, fließen die Informationen über dich selbst wie ein großer Strom in dein Bewusstsein.

Da sind Reste von gestern, Ablagerungen der Nacht, Verdauungsprodukte, die du nicht mehr brauchst, und manchmal entdeckst du Störungen in deinem Körper, die neu sind und dir nicht gefallen. Dankbar registrierst du, dass alte Störungen langsam verschwinden.

Mit Hilfe deines Kulturbeutels beginnt deine erste Aktivität damit, dich so herzurichten, wie du sein möchtest. So möchtest du schließlich auch dem anderen begegnen. Er/Sie soll ein richtiges Bild von dir haben, ein Bild das dir selbst auch gefällt.

Auch das ist ein starker Ausdruck von Liebe, der von der Frage geleitet wird: Wie biete ich mich heute dem andern an?

Der täglich erste Schritt in eine anhaltend glückliche Ehezeit beginnt jeden Tag neu mit der wichtigen Frage: Was will ich heute für den anderen sein?

Der berühmte Kennedy hat in seiner Antrittsrede den Satz geprägt: „Frage nicht, was kann dein Land für dich tun, sondern frage, was du für dein Land tun kannst.“

Die Übersetzung auf Euren Ehealltag will ich jetzt so formulieren: Frag nicht was dein(e) Partner(in) für dich tun kann, sondern frage was du heute für deine Partner(in) tun kannst.

Eure Ehereise wird Tag für Tag glücklich und zufrieden verlaufen, wenn Ihr morgens zuerst den Kulturbeutel aktiviert.

Jeder neue Tag bedarf des frischen Geruchs und Geschmacks Deiner Einmaligkeit. Dein Geruch ist einmalig und der Geschmack deiner Haut ist unverwechselbar.

Beispiel:

Jeder Hund weiß das und holt sich erst einmal eine Prise von deiner Haut, wenn er an deinen Beinen schnüffelt.

Du bist einmalig. Stelle jeden Tag genau diese Einmaligkeit mit Hilfe deines Kulturbeutels wieder her. Heute ist ein neuer, frischer und schöner Tag.

Heute soll wieder neu klar werden, was Ulrich Schaffer so formuliert hat:

Conny:

Niemand hat deine Fingerabdrücke.

Niemand hat deine Stimme.

Niemand sagt so „ich liebe dich“, wie du

Niemand glaubt wie du.

Niemand denkt so ans Sterben wie du.

Niemand hat deine Geschichte.

Niemand spürt das gleiche Glück wie du.

Niemand wie du.

Niemand in deinem Land,

auf deinem Kontinent,

auf dem dritten Planeten dieses

Sonnensystems,

in der Galaxie, die wir Milchstraße nennen. Niemand, weil du einmalig bist.

Ulrich Schaffer, …weil du einmalig bist, 1987

Uwe:

Das ist an jedem Tag Eurer Ehereise die erste Aufgabe für jeden Partner.

Ich wiederhole: Stellt jeden Morgen Eure Einmaligkeit und Euer wahres Wesen in aller Frische ausgeruht und fröhlich wieder her. Genau das ist es ja, was Euer/re Patnerner/in an Euch liebt. Wegen dieser, Eurer Einmaligkeit, habt Ihr ja zusammengefunden.

Conny:

2) Die zweite Schublade beinhaltet die Unterwäsche und vielleicht auch die Strümpfe. Es ist der Teil der Kleidung, der überwiegend nur dich etwas angeht, deinem Körper am nächsten ist und meistens für andere unsichtbar bleibt.

Uwe:

Es ist deine legitime Privatsphäre. Es ist dein interner und intimer Rückzugsraum bevor du dich wieder anderen Menschen widmest oder bevor sie dir zu nahe kommen. Es ist eine letzte Schutzhülle vor den Blicken und dem Licht der anderen.

Deine Wäsche ist dir nahe und umschmeichelt dich auch dann noch, wenn andere dich ablehnen. Sie wärmt dich, auch wenn es stürmisch und kalt geworden ist.

Unterwäsche brauchst du, weil du dir selbst vertraust, weil du dich selbst liebst, weil es Temperaturen abfedert, weil es deine letzte private Schutzhülle ist. Sie schützt dich, dass dir nichts unter die Haut geht.

Conny:

Fritz Perls, ein bekannter Psychologe lehrt uns folgendes „Morgengebet“, gewissermaßen unsere Unterwäsche:

Ich lebe mein Leben und Du lebst

Dein Leben.

Ich bin nicht auf dieser Welt,

um Deinen Erwartungen zu entsprechen –

und Du bist nicht auf dieser Welt,

um meinen Erwartungen zu entsprechen.

Ich bin ich und Du bist Du!

Wenn wir uns zufällig finden und treffen –

- wunderschön -

wenn nicht, - kann man auch nichts machen.

Uwe:

Charlie Chaplin schrieb an seinem 70. Geburtstag, am 16. April 1959 folgenden Text:

Als ich mich wirklich selbst zu lieben begann, habe ich verstanden, dass ich immer und bei jeder Gelegenheit, zur richtigen Zeit am richtigen Ort bin und dass alles, was geschieht, richtig ist – von da an konnte ich ruhig sein. Heute weiß ich, das nennt sich „Zuversicht“.

Deine Unterwäsche umschmeichelt dich. Sie fühlt sich gut an und schafft in dir das Gefühl der Geborgenheit und Zuversicht. Du fühlst Dich gut in Deiner Unterwäsche. Das ist ja ihr wesentlicher Zweck, Dich gut zu fühlen. Es ist dein angenehmer Übergang zur Außenwelt.

Conny:

3.)- Bei der dritten Schublade kommen wir zur Oberbekleidung. Die Oberbekleidung hat vielfache Aufgaben. Wir wählen sie immer so aus, dass sie für viele mögliche Ereignisse des Tages passend ist.

Uwe:

Jeder neue Tag ist ein leeres Blatt, welches jeder von Euch täglich zu beschreiben hat. Nichts ist vorgegeben. Nichts ist festgelegt.

Welche Aufgaben habe ich heute? Welche Kleidung benötige ich an diesem Tag? Welche Menschen kreuzen meinen Weg und was werden wir gemeinsam unternehmen? Wie sehe ich mich selbst am liebsten? Welche Kleidung ist heute passend für das, was wir vorhaben?

Jeder Tag ist neu und wird wieder ganz anders sein, als der vorige Tag. Wir wissen: Niemand kann denselben Tag zweimal erleben.

Immer kommt Neues auf uns zu. Neues, was wir gerade erleben. Neues, was wir gerade erinnern; denn Stunde um Stunde schaffen wir neue Erinnerungen. Neues , was wir gerade für die Zukunft planen.

Conny:

Dieser Tag ist ein leeres Blatt.

Nichts ist vorgegeben.

Nichts ist festgelegt.

Was werde ich heute

auf das leere Blatt dieses Tages schreiben?

Wie viel Leben habe ich heute Abend

gelebt?

Was wird die Botschaft meines Lebens

heute sein?

Ich will den Tag nutzen,

um intensiv zu leben.

Ich will Menschen begegnen,

Ich will neue Erfahrungen machen

und lernen, wie das Leben lebt.

Ich will mich satt essen und trinken

am Leben solange ich kann.

Dieser Tag soll einmalig gewesen sein

und voll beschrieben

mit wundervollen Augenblicken.

Uwe Peters

Uwe:

Der alte Cicero hat vor etwa 2000 Jahren schon den Satz aufgestellt:

Fang nie an aufzuhören. Höre nie auf anzufangen!“

Ihr seid und bleibt zwar immer dieselben Menschen, wie wir besprochen haben, aber die täglich neuen Anforderungen, die Euch der Alltag beschert, verlangt die entsprechende Oberbekleidung.

Conny:

4.) In der vierten Schublade finden wir Wetterzeug, Regenzeug, Pullover sind dort oft auch gut aufgehoben. Alles das, was wir gebrauchen und was uns bei plötzlichem Wettersturz schützt.

Uwe:

Ulrich Schaffer erklärt uns:

Dunkle Momente in der Liebe.

Du meinst nicht mehr lieben zu können,

weil das Gefühl, dem du so vertraut hast,

dich verlassen hat.

Du bist leer.

Du denkst aggressiv.

Du verlierst dich in Missverständnissen.

Die Weite der Liebe

ist dir abhanden gekommen,

die Raum schafft und Angst überwindet.

 

Aber gerade das ist deine Chance zu lieben,

über das Gefühl hinaus;

mit dem Einsatz deines Wesens

den Weg zum andern zu finden

und nicht nur auf deine Neigungen

zu warten.

Deinen Willen zu aktivieren

und die Arbeit der Liebe zu leisten

und so die dunklen Momente

in erfüllte Begegnungen zu verwandeln,

weil du letztlich nicht von Gefühlen,

sondern von Entscheidungen leben wirst.

Ulrich Schaffer, … weil du dunkle Momente kennst, 1992

Conny:

5.)- Nachtzeug, weil du liebst, weil du dich anschmiegen willst, weil du dich entspannen willst, weil du mit dem geliebten Menschen eins werden willst und weil du neue Kraft brauchst für den morgigen Tag.

Uwe:

Khalil Gibran erzählt uns etwas von der Liebe!

Liebe gibt nichts als sich selber

und nimmt nichts als aus sich selbst heraus.

Liebe besitzt nichts

und lässt sich nicht besitzen,

denn Liebe genügt der Liebe.

Und denke nicht,

du könntest der Liebe Lauf lenken,

denn Liebe, so sie dich würdig schätzt, lenkt deinen Lauf.

Liebe hat keinen anderen Wunsch

als sich selbst zu erfüllen.

Doch so du liebst

und noch Wünsche haben musst,

so seien dies deine Wünsche:

Zu schmelzen

und zu werden wie ein fließender Bach,

der sein Lied in der Nacht singt

Zu kennen die Pein allzu vieler Zärtlichkeit.

Wund zu sein

von deinem eigenen Verstehen der Liebe

und dann einzuschlafen

mit einem Gebet für deinen Liebling

und einem fröhlichen Lied

in deinen Träumen.

Khalil Gibran, der Prophet, 1984

PS: Die dabei stehende Truhe ist den Hochzeitern gewidmet und kann hier nicht als Modell besprochen werden, weil sie sich aus der Geschichte der Hochzeiter ergibt.)